Kommissar Baumann: Das Phantom der Biologie
Lösung
Von Katrin Griebenow, Fotos von Lasse Lindner
SEITE 38
Ähnlichkeiten mit realen Personen sind rein zufällig.
Lies unseren Ratekrimi im Print-Heft auf Seite 38 und rätsel´mit!
Hier folgt nun die Lösung:
Weißt du, woran Kommissar Baumann gerade gedacht hat?
Lösung
Diesmal war ich besser vorbereitet, denn ich hatte mich schon am Nachmittag einige Stündlein aufs Ohr gehauen und war jetzt hellwach, während ich am Sprachlabor vorbeitigerte. Als ich vor der Lehrerbücherei stand und mir kurz die Schuhe band, dachte ich für einen kurzen Moment, ich sei verrückt geworden, denn das Geräusch von letzter Nacht war wieder da: Ein gleichmäßiges schrrrrr brrrr schrrrr brrrrr ertönte von jenseits der Tür. Ich hatte mich also nicht getäuscht, irgendetwas war hier verdammt faul. Mit leisen Bewegungen schlich ich mich direkt an die Tür, schob beinahe geräuschlos den Schlüssel ins Schloss, öffnete die Tür – das schrrr brrrr war jetzt in etwa so laut wie das Laubgebläse der Hausmeister- und leuchtete mit meiner Taschenlampe in den ersten Gang zwischen den Regalen des kleinen Raumes. Leer. Der zweite Gang war ebenfalls leer. Entschlossen wie nie das Geheimnis zu lüften machte ich einen Schritt vorwärts und – „Aaaaaaah!“ Ich sprang zurück und leuchtete auf den Boden. Dort lag, bis eben gerade friedlich in einem Schlafsack schlafend …
„Ach du liebes Lottchen, Herr Wolff, was um aller Herren Länder tun sie hier?!“, rief ich entsetzt. Der arme Herr Wolff rieb sich die etwas angeditschte Nase. „Schlafen, wo nach sieht es denn aus? Und was machen Sie hier, wenn ich fragen darf?“
„Ich ermittle.“
„Um diese Uhrzeit? Gestern stand ein Einbrecher genau vor dieser Tür, heute kommen Sie herein und trampeln mir auf das Gesicht… Wohin soll das noch führen?“
„Sie haben letzte Nacht auch hier geschlafen? Aber Sie sind nicht mitten in der Nacht auf die Idee gekommen, ihre Geschichtszettel zu kopieren?“
„Natürlich nicht! Und was heißt denn auch hier geschlafen? Mein Auto ist kaputt und da dachte ich, ehe ich mich mit dieser furchtbaren Busfahrerei herumplage, kann ich mich auch gleich hier aufs Ohr hauen. Waren Sie etwa auch hier…? Und ich dachte, Sie wären der geheimnisvolle Unbekannte!“
„Nein, mein lieber Kollege, aber der läuft immer noch frei dort draußen herum.“
Da hörte ich draußen auf einmal eine Tür knallen. Für ein paar Sekunden war es mucksmäuschenstill in der Lehrerbücherei. „Den schnapp ich mir!“, rief ich und stürmte zur Tür. „Das werde ich mir nicht entgehen lassen!“, meinte Herr Wolff und stolperte mir, noch etwas schlaftrunken, hinterher.
Als wir um die Ecke Bogen, war der Gang wieder einmal leer, doch diesmal hatte ich einen entscheidenden Vorteil: Wir waren zu zweit. So schlich sich Herr Wolff ins Lehrerzimmer, während ich durch das Sekretariat ging. Sobald ich die Tür öffnete, tönte mir das bereits vertraute schrabschrabschrab wrrrb entgegen. Von der anderen Seite des Ganges kam Herr Wolff auf mich zu. Ich nickte und deutete auf den Kopierraum. Gerade in diesem Moment verließ eine dunkle Gestalt den Raum, in der Hand ein paar Kopien, hob den Kopf und –
„Frau Reimers! Nun haben wir Sie erwischt!“, rief ich und sie ließ vor Schreck einen Berg Zettel fallen, der so hoch war wie alle Harry-Potter-Bücher übereinandergestapelt. „Ich … ich kann das erklären!“, brachte sie verzweifelt hervor. „Warum um aller Welt kopieren Sie mitten in der Nacht ihre Arbeitsbögen? So voll ist es in den Pausen doch gar nicht“, fügte Herr Wolff hinzu. „Daran liegt es nicht“, sagte Frau Reimers geknickt und sie tat mir schon ein wenig leid. „Es ist das Kopierkontingent! Ich will meinen Schülern doch bloß das Lernen erleichtern, aber ich habe dieses Schuljahr bereits vier Kontingente aufgebraucht und die Sekretärinnen wollen mir bis Weihnachten kein Neues geben!“ Tröstend legte ich ihr eine Hand auf die Schulter. „Das können wir mit Sicherheit irgendwie regeln“, und noch während ich diese Worte sprach fiel mein Blick aus dem Fenster hinein in die Biosammlung. Ich hatte das Licht ausgemacht, bevor ich durch die Gänge patrouilliert war und Herrn Wolff gefunden hatte. Jetzt brannte dort Licht. „Ich werde alles in Bewegung setzen, um Ihnen zu helfen, Frau Reimers, aber nur wenn Sie mir einen Gefallen tun.“ Das Gesicht meiner Kollegin hellte sich deutlich auf. „Was soll ich tun?“ Ich legte ein feierliches Gesicht auf. „Helfen Sie mir, das Phantom der Biologie zu schnappen. Oder sollte ich besser sagen, die Phantome?“ Sie schaute mich einen Moment verwirrt an. „Phantome der Biologie? Das hört sich nach Spaß und Spannung an, ich bin dabei!“ Ich nickte Herrn Wolff zu. „Wollen Sie auch mitkommen?“ „Och...muss ich denn unweigerlich?“ Ich warf ihm einen Blick zu, der seine Einstellung zum Glück zu ändern vermochte.
So machten wir uns zu dritt auf, für mich eine neue Erfahrung, denn ich hatte noch nie im Team gearbeitet, doch ich musste sagen, dass ein wenig Unterstützung gar nicht so verkehrt war. Deswegen fühlte ich mich auch weniger nervös, als wir vor der Tür der Biosammlung standen. Aus dem Raum drang ein lautes „vite, vite“ und ein leises Grinsen schlich auf mein Gesicht. Dann riss ich die Tür auf. „Guten Abend, mesdames. Ich hoffe, ich störe Sie nicht.“ Ich schaute in die erschrockenen Gesichter von SEMW – Suck, Eickhoff, Mildenstein und Wiese, besser bekannt als die vier Damen der Französisch-Fachschaft. „Mischen Sie sich nicht in fremde Angelegenheiten ein, Baumann. Da hilft es Ihnen auch nicht, dass Sie sich Verstärkung mitgebracht haben!“, zischte Frau Mildenstein. „Die Biologen haben selbst Schuld! Eigentlich wollten wir mit den Einsiedlern zusammen am Weihnachtsbasar Studentenfutter und Baguette verkaufen, aber nein, die Biologen müssen sich ja einmischen, um ihre biologisch abbaubare Weihnachtsdeko an den Mann zu bringen!“ fügte Frau Eickhoff grimmig hinzu. „Und dabei wurde deren Raum erst neu gemacht und wir müssen uns im Sprachlabor mit dieser blöden Tafel, einer nutzlosen Schrankwand und einem kaputten Fenster begnügen“, ergänzte Frau Suck. „Aber das ist doch kein Grund, gleich so etwas zu tun“, erwiderte Frau Reimers und deutete auf Frau Wiese, die immer noch neben dem Skelett stand, „die Latein-Fachschaft wünscht sich auch schon länger einen Beamer in Raum 11, aber man muss sich eben gedulden. Ich bin mir sicher, dass die Biologen nicht aus böser Absicht gehandelt haben.“
Herr Wolff nickte zustimmend „Genau, vielleicht wussten sie gar nichts von der Tafel oder vielleicht wollen sie von dem Geld in ein neues Skelett investieren, das hier sieht wirklich nicht mehr gut aus.“ Bei Herrn Wolffs Worten wurde ich unmerklich rot, aber war meinen beiden Kollegen sehr dankbar für ihre tatkräftige Unterstützung. „Ich werde über Ihr Verhalten hinwegsehen, wenn sie sich ausdrücklich bei der Biofachschaft entschuldigen und besonders bei dem armen Schulze.“ Die vier Damen stecken kurz die Kopfe zusammen. Schließlich meldet sich Frau Eickhoff zu Wort. „D’accord. Wir werden uns entschuldigen, aber nur, wenn sie sich auch bei uns entschuldigen.“ Ich seufzte. Eine Lösung zu finden kann komplizierter sein als eine Redox-Reaktionsgleichung. „Meinetwegen“, sage ich und gemeinsam mit Frau Reimers und Herrn Wolf trat ich den Rückweg an.
„Ich werde mich wieder Schlafen legen, das war eine anstrengende Nacht. Wie mache Sie das eigentlich, Baumann…“, verabschiedete sich Herr Wolff mit einem Kopfschütteln in Richtung Lehrerbücherei. „Und was passiert jetzt mit mir?“, fragte Frau Reimers vorsichtig. „Wenn Sie niemandem etwas sagen, dürfen Sie von meinem Kopierkontingent mitkopieren, ich bin ja schließlich nur Sport- und Chemielehrer. Da kopiert man nicht so viel“, antwortete ich. Jeden Tag eine gute Tat, sagte ich schließlich immer zu mir. Außerdem musste ich irgendwie noch das Skelettmissgeschick ausgleichen, die Biologie wusste schließlich immer noch nichts davon. „Baumann, Sie sind der beste und netteste Kommissar, den ich kenne!“ Ich machte ein bescheidenes Gesicht. „Wie sind Sie eigentlich auf die vier Damen gekommen?“ „Tja…“ Ich lächelte verschmitzt. „Die Brotkrümel. Welche andere Fachschaft an einer norddeutschen Schule würde sonst Baguette essen? Und soo viele Lehrer mit kurzen braunen Haaren wie Frau Mildenstein haben wir nun auch nicht.“
Es war 3.46 Uhr. Ein 24-Stunden-Ulimatum, grinse ich in mich hinein, ich habe gerade einmal 19 Stunden und 12 Minuten gebracht.
Vielen Dank an Herrn Baumann für seine fehlerlose Spürnase!
Steinpost WebMag: Ausgabe 12
erschienen am 27.11.2015
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Über dieses Heft:
Titelthema: Einmal um die Welt und immer noch nicht zu Hause
56 Seiten
ab 2,00 EUR
verfügbar seit:
27. November 2015
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